Donnerstag, 7. April 2022

Ein Hoch für kollegialen Unterrichtsbesuch

 Wenn der Schulleiter Unterrichtsbesuche ankündigt, ist die Hölle los!!!! 

Und wenn der Leiter dann noch planmäßig die Termine festlegt, erst Recht... Denn dann weiß man, dass er eine tolle Unterrichtsstunde erwartet, dass man sich ins Zeugs legen muss, dass man in dieser Stunde

 Digitalisierung, 

Binnendifferenzierung, 

Schüleraktivierung, 

Gruppen- oder Partnerarbeit, 

klare Strukturen, 

klare Zielvorstellungen, 

Abwechslung, 

pünktliche Abrundung der Stunde, 

auf keinen Fall Frontalunterricht und 

was sonst noch so Alles in den Didaktik-Büchern steht 

                                                                                               vorzeigen muss. 

Und da Lehren und Lernen sich sowieso nie eins zu eins decken, und da es keine einheitlichen Rezepte geben kann für effizienten, guten Unterricht, kann der Leiter danach sowieso immer etwas aussetzen, wenn er voreinbenommen ist ...

Viel besser für die nachhaltige Unterrichtsentwicklung an den Schulen ist dagegen der kollegiale Unterrichtsbesuch. Für alle sollten die  Kriterien klar sein und dann können Kollegen sich gegenseitig hospitieren und Feedback geben. Die Auseinandersetzung mit dem Bewertungsbogen und die Hospitation fremden Unterrichts lösen die Reflektion über den eigenen Unterricht aus. Zudem fördern sie den professionellen Austausch und verbessern das Arbeitsklima, weil die Lehrer gemeinsame Probleme erkennen und Verständnis füreinander entwickeln. 


Ich habe bei Hospitationen meiner Bio-Kollegen  das Labor meiner Schule kennengelernt, im Kunstunterricht habe ich zum ersten Mal einen  Trockenständer und eine Siebdruckanlage gesehen, die ich nicht kannte, Optikinstrumente, die dem Pysiklehrer an unserer Schule zur Verfügung stehen und ich habe Räumlichkeiten besucht, in die ich sonst nie eingetreten wäre. Zusammenfassend: Ich habe meine eigene Schule besser kennengelernt.

Die Liste der Vorteile von kollegialer Unterrichtsbeobachtung ist also lang.

Die wichtigste Frage lautet also für mich nur noch:

Ist der Unterrichtsbesuch als einmalige Evaluationsinstanz gedacht oder sollen Unterrichtsbesuche den Unterricht an der Schule nachhaltig verändern?







Montag, 13. September 2021

Keine Angst vor Binnendifferenzierung

Die Bundeszentrale für Politische Bildung unterscheidet folgende Wege zur Binnendifferenzierung im Unterricht:

 
Varianten der DifferenzierungInstrumente (Beispiele)
… nach Anforderungsniveau und Umfang
  • Aufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeiten
  • Unterschiedliche Aufgabenmenge bei gleicher Bearbeitungszeit
  • Pflicht- und Wahlaufgaben
  • Basis- und Expertenaufgaben
  • Arbeit mit "Gestuften Hilfen"
  • Lerntempoduett
  • … nach Neigung und Interesse
  • Neigungs- und Interessenaufgaben
  • Unterschiedliche Lernwege berücksichtigende Aufgaben
  • … nach Grad der Selbstständigkeit
  • (Wochen-)Planarbeit
  • Stationenarbeit
  • Freiarbeit/Projektarbeit
  • https://www.bpb.de/gesellschaft/bildung/zukunft-bildung/318287/binnendifferenzierung-in-der-praxis

    Viele andere Autoren wie z.B. auch Carol Ann Tomlinson unterteilen die Instrumente  der Binnendifferenzierung ungefähr nach denselben Kriterien. Die US amerikanische Autorin spricht in ihrem BuchThe Differentiated Classroom: Responding to the Needs of All Learners von Differenzierung auf verschiedenen Ebenen: Die Lern- und die Lehrebene.
    Die Schüler können dem Unterrichtsgegenstand differenziert begegnen, je nach Neigung oder Interesse, über verschiedene Lernprozesse oder Lernwege und sie können den gelernten Stoff oder die gelernte Kompetenz unterschiedlich vortragen/darstellen.
    Zudem unterscheidet Tomlinson auch drei Varianten der differenzierten Lehrangebote, die  unterschiedlichen Themenangebote, Aufgaben zu unterschiedlichen Kompetenzebenen und Aufgaben, die unterschiedliche Lernwege, Lernstile oder Intelligenzen ansprechen. Beide Ebenen können unterschiedlich miteinander kombiniert werden.
    Und damit der Leser nicht gleich zurückschreckt, im Laberinth der theoretischen Beschreibungen, bietet sie  dann eine Reihe von praktischen Instrumenten, die die Umsetzung ermöglichen.



    Grundlage all dieser Instrumente ist ein Kerncurriculum, meist ein kompetenzbezogenes Kerncurriculum, das das Rückrat des Unterrichts darstellt. Dieser grundlegende Stoff oder diese Mindestkompetenzen können von JEDEM Schüler erworben werden. Der Lehrer bietet verschiedene Herangehensweisen, mehr oder weniger Freiraum bei der eigenen zeitlichen und inhaltlichen Lernprozessgestaltung und/oder er bietet zusätzliche Hilfen oder zusätzliche Wahl- oder Expertenaufgaben. Es varieren also der Umfang, das Anforderungsniveau,  und das Tempo, aber der Unterrichtsgegenstand ist immer dergleiche. 

    Freitag, 10. September 2021

    Die Mythen über Binnendifferenzierung

     

    Binnendifferenzierung ist aus meiner Perspektive weltweit ein neues Qualitätsmerkmal des Unterrichts und zugleich eine der größten Herausforderungen für die Lehrer. 

    Sobald man sagt: "Du musst differenzieren!" kommt sofort die Antwort:

    "Ich kann doch nicht jede Aufgabe in drei Varianten vorbereiten. So viel Zeit habe ich nicht!" 

    "Ich mag das nicht. Wenn jeder was Anderes tut, dann verliere ich den Überblick und die Kontrolle über das Unterrichtsgeschehen."

    "Wie soll ich differenzieren, wenn später alle dieselben  Klassenarbeiten bestehen müssen?"

    Diese Antworten lassen schliessen auf Mythen wie der höhere Zeitaufwand, der Zerfall der Unterrichtsstruktur, die fehlende Kontrollmöglichkeit und das Problem der Evaluation.

    Binnendifferenzierung heisst  aber nicht unbedingt, dass jeder Schüler ein individuelles Lernpaket  bekommt. Der binnendifferenzierte Unterricht wird nämlich nicht Stunde für Stunde vorbereitet, Aufgabe für Aufgabe, sondern Lerneinheit für Lerneinheit; themenbezogen oder kompetenzbezogen. Der Lehrer muss am Beginn einer jeden Lerneinheit vielfältige Aufgaben vorbereiten, die unterschiedliche Lernwege, Interessen und Anforderungsniveaus berücksichtigen und muss sich überlegen welchen Arbeitsrahmen er setzt: Freiarbeit, Stationen, Wochenplan und welche Hilfen oder Hilfsmittel er den Schülern gewährt. Nach dieser zeitaufwendigen Vorbereitungsphase einer ganzen Einheit, muss er mehrere Wochen lang kein Material mehr vorbereiten. Danach arbeiten die Schüler ganz differenziert an diesen Aufgaben und der Lehrer betreut sie dabei einzeln. Der Arbeitsaufwand ist also nicht grösser, sondern anders aufgeteilt.

    Binnendifferenzierter Unterricht erfordert zudem auch  Phasen des Frontalunterrichts , um das Thema einzuleiten, um die Regeln zu erläutern und auch warum nicht, um den Unterrichtsgegenstand  für alle zu erklären oder allgemein übliche Fehler zu besprechen.  

    Carol Ann Tomlinson stellt den binnendifferenzierten Unterricht sogar als Kette dar. 




    Hier lösen sich Phasen der gemeinsamen Arbeit (Plenum, Frontal) und Phasen der differenzierten Arbeit (In Gruppen, Partner oder Einzelarbeit) ab.
    So gesehen muss der Lehrer abwechselnd die Rolle des Beraters und Betreuers und die Rolle des Referenten und Bewerters übernehmen. Das erlaubt ihm den Zusammenhalt der Unterrichtsstruktur und den Gesamtüberblick.

    Das Bedenken über die Evaluation allerdings, das teile ich zum Teil auch.