Wenn der Schulleiter Unterrichtsbesuche ankündigt, ist die Hölle los!!!!
Und wenn der Leiter dann noch planmäßig die Termine festlegt, erst Recht... Denn dann weiß man, dass er eine tolle Unterrichtsstunde erwartet, dass man sich ins Zeugs legen muss, dass man in dieser Stunde
Digitalisierung,
Binnendifferenzierung,
Schüleraktivierung,
Gruppen- oder Partnerarbeit,
klare Strukturen,
klare Zielvorstellungen,
Abwechslung,
pünktliche Abrundung der Stunde,
auf keinen Fall Frontalunterricht und
was sonst noch so Alles in den Didaktik-Büchern steht
vorzeigen muss.
Und da Lehren und Lernen sich sowieso nie eins zu eins decken, und da es keine einheitlichen Rezepte geben kann für effizienten, guten Unterricht, kann der Leiter danach sowieso immer etwas aussetzen, wenn er voreinbenommen ist ...
Viel besser für die nachhaltige Unterrichtsentwicklung an den Schulen ist dagegen der kollegiale Unterrichtsbesuch. Für alle sollten die Kriterien klar sein und dann können Kollegen sich gegenseitig hospitieren und Feedback geben. Die Auseinandersetzung mit dem Bewertungsbogen und die Hospitation fremden Unterrichts lösen die Reflektion über den eigenen Unterricht aus. Zudem fördern sie den professionellen Austausch und verbessern das Arbeitsklima, weil die Lehrer gemeinsame Probleme erkennen und Verständnis füreinander entwickeln.
Ich habe bei Hospitationen meiner Bio-Kollegen das Labor meiner Schule kennengelernt, im Kunstunterricht habe ich zum ersten Mal einen Trockenständer und eine Siebdruckanlage gesehen, die ich nicht kannte, Optikinstrumente, die dem Pysiklehrer an unserer Schule zur Verfügung stehen und ich habe Räumlichkeiten besucht, in die ich sonst nie eingetreten wäre. Zusammenfassend: Ich habe meine eigene Schule besser kennengelernt.
Die Liste der Vorteile von kollegialer Unterrichtsbeobachtung ist also lang.
Die wichtigste Frage lautet also für mich nur noch:
Ist der Unterrichtsbesuch als einmalige Evaluationsinstanz gedacht oder sollen Unterrichtsbesuche den Unterricht an der Schule nachhaltig verändern?