Freitag, 10. September 2021

Die Mythen über Binnendifferenzierung

 

Binnendifferenzierung ist aus meiner Perspektive weltweit ein neues Qualitätsmerkmal des Unterrichts und zugleich eine der größten Herausforderungen für die Lehrer. 

Sobald man sagt: "Du musst differenzieren!" kommt sofort die Antwort:

"Ich kann doch nicht jede Aufgabe in drei Varianten vorbereiten. So viel Zeit habe ich nicht!" 

"Ich mag das nicht. Wenn jeder was Anderes tut, dann verliere ich den Überblick und die Kontrolle über das Unterrichtsgeschehen."

"Wie soll ich differenzieren, wenn später alle dieselben  Klassenarbeiten bestehen müssen?"

Diese Antworten lassen schliessen auf Mythen wie der höhere Zeitaufwand, der Zerfall der Unterrichtsstruktur, die fehlende Kontrollmöglichkeit und das Problem der Evaluation.

Binnendifferenzierung heisst  aber nicht unbedingt, dass jeder Schüler ein individuelles Lernpaket  bekommt. Der binnendifferenzierte Unterricht wird nämlich nicht Stunde für Stunde vorbereitet, Aufgabe für Aufgabe, sondern Lerneinheit für Lerneinheit; themenbezogen oder kompetenzbezogen. Der Lehrer muss am Beginn einer jeden Lerneinheit vielfältige Aufgaben vorbereiten, die unterschiedliche Lernwege, Interessen und Anforderungsniveaus berücksichtigen und muss sich überlegen welchen Arbeitsrahmen er setzt: Freiarbeit, Stationen, Wochenplan und welche Hilfen oder Hilfsmittel er den Schülern gewährt. Nach dieser zeitaufwendigen Vorbereitungsphase einer ganzen Einheit, muss er mehrere Wochen lang kein Material mehr vorbereiten. Danach arbeiten die Schüler ganz differenziert an diesen Aufgaben und der Lehrer betreut sie dabei einzeln. Der Arbeitsaufwand ist also nicht grösser, sondern anders aufgeteilt.

Binnendifferenzierter Unterricht erfordert zudem auch  Phasen des Frontalunterrichts , um das Thema einzuleiten, um die Regeln zu erläutern und auch warum nicht, um den Unterrichtsgegenstand  für alle zu erklären oder allgemein übliche Fehler zu besprechen.  

Carol Ann Tomlinson stellt den binnendifferenzierten Unterricht sogar als Kette dar. 




Hier lösen sich Phasen der gemeinsamen Arbeit (Plenum, Frontal) und Phasen der differenzierten Arbeit (In Gruppen, Partner oder Einzelarbeit) ab.
So gesehen muss der Lehrer abwechselnd die Rolle des Beraters und Betreuers und die Rolle des Referenten und Bewerters übernehmen. Das erlaubt ihm den Zusammenhalt der Unterrichtsstruktur und den Gesamtüberblick.

Das Bedenken über die Evaluation allerdings, das teile ich zum Teil auch. 




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